Die letzte Vorstellung ist vorüber und wir schauen in glückliche, begeisterte und auch nachdenkliche Gesichter. Die diesjährigen Aufführungen des Literaturkurses am 22.6 und 23.6.2017 waren grandios. Ein Thema am Zahn der Zeit – die groteske Posse vom polnischen Schriftsteller Sławomir Mrożek erweitert mit aktuellen Texten zur Flüchtlingskrise von Björn Kuhligk (Die Sprache von Gibraltar, 2016) von Ad de Bont (Anne und Zef, 2009) sowie mit Ausschnitten aus den Menschenrechten, aus dem Aufenthaltsgesetz und aus anderen Gesetzestexten Grenzen betreffend, erweitert durch Abwandlungen der ursprünglichen und Hinzufügen eigenen Szenen. Aus dem einst surrealistisch-satirischen Werk wurde eine moderne und kritische Auseinandersetzung mit der Situation “Mensch und Grenze”.

Unter der Leitung von Fr. Kühn und Fr. Richter probten die Schülerinnen und Schüler fast ein ganzes Jahr und liefen an den Aufführungstagen zur Höchstform auf. Vor der Aufführung durch Lampefieber geplagt, wuselten die SchauspielerInnen wie ein Haufen aufgescheuchter Ameisen noch hinter der Bühne her. Gespannt wurde das ein oder andere Mal durch den Vorhang Ausschau gehalten, ob sich die Aula auch wirklich mit Publikum füllen würde. Und das tat sie. An beiden Tagen bis zum letzten Platz ausgebucht, wurde das Publikum mit ausgefeilten Charakterdarstellungen, Gesangseinlagen, gesprochenen Chorszenen, Witz und Ernsthaftigkeit begeistert. Von Lampenfieber keine Spur. Die DarstellerInnen meisterten beide Aufführungen hochprofessionell, viele schlüpften an beiden Tagen sogar in verschiedene Rollen.  

Wir fanden die Zeit richtig toll, weil wir so eine richtig tolle Gruppe geworden sind und jeder wollte, dass die Aufführung super wird. Am Anfang haben wir die Lehrer echt verflucht, weil wir bei den Proben keine Lust mehr auf Raumlaufen und Improvisationsdenken hatten und nachher hat man gemerkt wofür das eigentlich gut ist. Es hat einem halt in der Gruppe vieles erleichtert, nichts war einem mehr peinlich, man konnte frei schauspieleren und es hat sich sowas von gelohnt die Zeit und Mühe darein zu stecken.

Paula und Kathi, Jgst. 11

“Es wurde also festgelegt, dass die Grenze HIER ist.”, stellen Diplomaten in dem Haus von Ich und seiner Familie fest, nachdem sie ungebeten zur Abendessen hereinplatzen. Die Grenze wird nach zähen Verhandlungen mitten durch das Haus gezogen und birgt für die Familie viele Risiken, ihr ganzes Leben wird auf den Kopf gestellt, denn was passiert, wenn mitten durch deinen eigenen Haushalt eine staatliche Grenze gezogen wird? Muss ich meinen Pass zeigen, wenn ich auf die Toilette gehen will? Absurde Fragen wirft das Stück auf, ohne auch nur die Andeutung eines Lösungsansatzes zu bieten. Hier wird die Menschlichkeit über die Bürokratie gestellt, selbst im Bett ist man nicht ungestört.  Die Grenzziehung bringt außerdem die Flüchtlingskrise mitten in das Haus der Familie, denn wo Grenzen sind, werden sie überschritten und die Geschichten der grenzüberschreitenden Menschen sind so zahlreich wie die Menschen selbst, “sie wollen ein Stück vom Kuchen, sie wollen nicht die Bäckerei” und  Djuka und Fazila stellen fest: “Flüchtlinge gibt es nicht, es gibt nur fortgewehte Menschen.” Sie berichten über die Flucht aus ihrer Heimat und das schwere Leben als Flüchtling, das seine Spuren in der Seele der Menschen hinterlässt, denn: “Flüchtlinge sind nie willkommen, nirgendwo, das weiss jeder.”

„Eine Verbindung zwischen verstörender Aktualität, Satire und Schülerbegeisterung – unglaublich erschütternd und gleichzeitig toll“ – kommentierte ein Zuschauer die Aufführung am 23.06.2017. Und auch Fr. Kleine – Onnebrink, Theaterpädagogin am WLT, lobte die Schülerinnen und Schüler. Sie hatte noch keine bessere Schüleraufführung gesehen und fand die Macht und Kraft der Chortexte total beeindruckend.

Zwei Literaturkursleiterinnen, zwei Aufführungstermine, zwei variierende Rollenbesetzungen, zwei verschiedene Publika – ein Ergebnis: Eine grandiose Darbietung!

Wir bedanken uns als Schule bei Fr. Kühn und Fr. Richter für den unermüdlichen Einsatz während der Schulzeit und der vielen Wochenendproben, bei den Schülerinnen und Schülern für ihr Engagement und ihre Begeisterungsfähigkeit und bei unseren Hausmeisterinnen, die bei all den Wochenendproben stets zur Stelle waren.

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